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Maschinelle Übersetzung: ja oder nein?
In den letzten Jahrzehnten haben sich maschinelle Übersetzungsdienste in vielerlei Hinsicht verbessert. Dadurch hat sich die Arbeitsqualität und Produktivität um das Vielfache erhöht. Deswegen ist die maschinelle Übersetzung (MÜ) heutzutage ein integraler Bestandteil moderner Übersetzungsdienste und eine Übersetzungsbranche ohne MÜ ist nicht mehr denkbar. Natürlich werden Prozesse der MÜ kontinuierlich verbessert und verfeinert, aber sie sind noch längst nicht in vollem Umfang optimiert.
Daher stellt sich die Frage, ob wir ein Niveau erreicht haben, indem wir sorglos einen maschinell übersetzten Text als Endprodukt für uns oder unsere Kunden verwenden können.
Wenn es um das generelle Verständnis eines fremdsprachigen Textes geht, beispielsweise dem Liedtext einer unserer Lieblingsbands, den wir halbwegs verstehen wollen, sind Tools wie Google Translate, DeepL oder Bing Microsoft Translator großartige Lösungen. Denn sie bieten im Groben schnelle und fehlerarme Übersetzungen. Konsequenzen bei fehlerhaften Übersetzungen müssen wir in so einem Fall nicht befürchten.
Aber stellen Sie sich vor, eine von einem solchen Tool übersetzte E-Mail landet bei Ihnen im Postfach. Die E-Mail beinhaltet grammatische, syntaktische und/oder idiomatische Fehler. Würden Sie nicht direkt misstrauisch werden? Es könnte vielleicht ein Spam oder Trojaner sein. Da würde keiner auf einen Link in der E-Mail klicken. Der übliche und wahrscheinlich vernünftige Vorgang wäre, die E-Mail zu löschen und den Absender zu blockieren. Für den Absender aber, der die E-Mail mit einem MÜ-Programm übersetzen lassen hatte und damit Kosten sparen wollte, ist es eine herbe Enttäuschung. Denn dadurch ist ihm eine Geschäftschance oder potenzielle Kundschaft verloren gegangen. Solche Sprachfehler sind ein erster Hinweis dafür, dass maschinell generierte Übersetzungen nicht für jeden Text und jede Textsorte geeignet sind.
If I am selling to you, I speak your language. If I am buying, dann müssen Sie Deutsch sprechen.
Willy Brandt
Bekanntlich unterscheiden sich Texte beträchtlich voneinander je
nach Textsorte, -eigenschaften und -funktionen. Eine Anleitung liest
sich beispielsweise bzgl. Aufbau, Vokabular und Satzstruktur komplett
anders als ein touristischer Flyer oder ein Werbeplakat für ein
Haushaltsprodukt. Alle Textmerkmale im Originaltext müssen sich im
übersetzten Text widerspiegeln und an die kulturellen und lokalen
Gegebenheiten angepasst werden, damit die gewünschte Wirkung bei der
Zielgruppe erreicht wird.
MÜ-Systeme sind aber mit der Komplexität der menschlichen Sprache überfordert, egal ob sie mit älteren statistischen Modellen (Statistical Machine Translation), moderneren neuronalen Modellen (Neuronal Machine Translation) oder hybriden Modellen arbeiten. Denn MÜ-Systeme sind längst noch nicht in der Lage, alle Merkmale eines Originaltextes korrekt und adäquat zu übertragen. Somit beschränkt sich der Einsatz im engen Rahmen oder auf Nischen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Einsatz von MÜ-Systemen bei manchen Textsorten sinnvoller als bei anderen ist.
Eine einfache Antwort auf diese Frage gibt es leider nicht. Allgemein lässt sich aber sagen, dass Texte, die bestimmte Merkmale aufweisen von MÜ-Technologien eher profitieren. Das gilt allerdings unter Vorbehalt, dass jeder Text als Einzelfall behandelt und die MÜ-Nützlichkeit beurteilt werden muss.
Diese Textmerkmale sind u.a.:
So könnten nutzbare – aber selten fehlerfreie – Texte erzeugt werden. Folgende Textsorten, die durch oben genannte Eigenschaften geprägt sind, können davon profitieren und würden daher in Frage kommen:
Da es selbst bei solchen Texten aber keine Qualitätsgarantie gibt, bleibt eine Qualitätssicherung und eine entsprechende Nachbearbeitung des MÜ-Texts unabdingbar. Dieses Nachbearbeitungsverfahren wird in Fachkreisen Post-Editing genannt und durch einen humanen Sprachexperten mit Fachgebietswissen durchgeführt. Je nach Textsorte und Übersetzungsqualität findet dann im Text entweder eine leichte Nachbearbeitung (Light Post-Editing) oder eine umfangreiche Nachbearbeitung (Full Post-Editing) statt. Je wichtiger und komplexer ein Text ist, desto wichtiger und umfangreicher muss der Nachbearbeitungsprozess sein.
Im Gegensatz dazu eignen sich andere Textsorten auf gar keinen Fall für maschinelle Übersetzung. Das sind u. a. die Folgenden:
The difference between the right word and the almost right word is really a large matter—it’s the difference between lightning and a lightning bug.
Mark Twain
Mögliche Fehler und Probleme bei der Nutzung von maschinellen Übersetzungen sind vielfältig. Im Folgenden finden Sie einige Beispiele, die bei MÜ-Texten auftreten können:
1. Grammatik:
Gerade bei verschachtelten Sätzen können in maschinellen Übersetzungen grammatische Fehler vorkommen. Die Fehlerquote der MÜ-Texte steigt mit der Höhe der Komplexität der Satzstruktur. Dies könnte im unglücklichen Fall die Bedeutung ändern, im schlimmsten Fall finanzielle oder rechtliche Konsequenzen mit sich bringen. Außerdem beeinflusst fehlerhafte Grammatik den Lesefluss und deutet auf Unprofessionalität hin.
2. Wortwörtlichkeit:
Da Algorithmen nicht den Sinn, sondern Muster erkennen, könnte das MÜ-System die Bedeutung verfehlen und eine wortwörtliche Übersetzung generieren. Das gilt z. B. für Redewendungen, Humor, Sarkasmus, Metaphern usw. Ein unglückliches Beispiel der wortwörtlichen MÜ ist der 2020 aufgetretener Fall der offiziellen Website VisitMexico.com der mexikanischen Tourismusbehörde. Die englische Version der Website hat Namen geographischer Orte übersetzt, wodurch u. a. der Bundesstaat „Guerrero“ als „Warrior“, die Stadt Saltillo als „Little Jump“ und die Gründung der Stadt San Miguel de Allende als im Jahr „XNUMXth“ gezeigt wurden.
3. Idiomatik:
Jede Sprache hat bekanntlich ihre eigenen idiomatischen Redewendungen, die in anderen Sprachen möglicherweise keinen Sinn ergeben. Ein englischer Muttersprachler würde den folgenden Beispieldialog befremdlich finden und ihn nicht verstehen:
Anne: ‘Well, everything in butter?’
Kerstin: ‘Oh, I keep thinking about that nice boy at the party. I think there was a spark between us.’
Anne: ‘You mean the one who was after every skirt?’
Kerstin: ‘That's all nonsense with sauce. He was just being polite. Men like that don't grow on trees.‘
Manche der deutschen Redewendungen können sich tatsächlich im Englischen wiederfinden, die meisten davon aber nicht, was für MÜ-Systeme und deren Nutzer ein Problem darstellt. Im deutschen Dialog klingt es für den Muttersprachler ganz natürlich.
Anne: ‚Na, alles in Butter?’
Kerstin: ‚Ach, ich muss ständig an den netten Jungen von der Party denken. Ich glaube, es hat zwischen uns gefunkt.‘
Anne: ‚Meinst du den, der hinter jedem Rock her war?‘
Kerstin: ‚Das ist doch alles Quatsch mit Soße. Er war einfach nur höflich. Solche Männer wachsen eben nicht auf Bäumen.‘
4. Semantik:
Da MÜ-Systeme den Kontext schlecht entziffern können, produzieren sie wortwörtlich korrekte aber kontextuell falsche Übersetzungen. Einer der Lieblingssätze von Übersetzerinnen und Übersetzer lautet daher, „Context is king.“ und „It all depends on the context.“ Denn der Kontext bestimmt die Wortbedeutung und die passende Übersetzung. Das folgende Witz-Beispiel zeigt das deutlich:
„Eine besorgte Mutter ruft den Hausarzt an: «Herr Doktor, mein Sohn hat vier Aprikosen mit der Schale gegessen. Ist das schlimm?» - «War die Schale gespritzt?» – «Wieso gespritzt? Die war aus Porzellan!»“
Während die Anekdote auf Deutsch witzig ist, ergibt die maschinell generierte Übersetzung keinen Sinn:
“A worried mother calls the family doctor: "Doctor, my son ate four apricots with the skin on. Is that bad?" - "Was the skin injected?" - "Why injected? It was made of porcelain!"
5. Stil und Tonalität:
MÜ-Systeme können weder zwischen den Zeilen lesen noch das große Ganze im Text begreifen. Das trifft vor allem kreative Texte wie im Bereich Marketing, Tourismus, Kunst, Literatur, formelle und informelle Sprache usw. Selbst wenn Übersetzungen grammatisch und semantisch korrekt sind, wird der Ton und Stil des Textes von der MÜ nicht adäquat wiedergegeben.
Trotz mancher beschränkten und bedingten Vorteile bieten MÜ-Systeme im kleinen Rahmen schnelle und kostengünstige Übersetzungsdienstleistungen – gerade im privaten Gebrauch. Sobald es jedoch um den geschäftlichen und interkulturellen Bezug geht, ist die maschinelle Übersetzung teilweise mit erheblichen Problemen konfrontiert.
Um diese Qualitätslücke zu schließen und keine rechtlichen und finanziellen Risiken für Ihr Unternehmen einzugehen, sollten Sie bei wichtigen Texten und Dokumenten professionelle Sprachdienstleister in Anspruch nehmen. Unter Berücksichtigung der oben genannten Aspekte für qualitativ exzellente Übersetzungen fertigen unsere Übersetzerinnen und Übersetzer bei Com-Unic® Language Experts zusammen mit unseren professionellen Übersetzungsmanagern perfekte, maßgeschneiderte Textlösungen für Sie und Ihr fremdsprachiges Zielpublikum an.
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